the Goa experience 2016/17

Unser Trip nach Süd-Goa, Indien begann am 01. Dezember 2016 vom Flughafen Berlin Tegel. Der Flug war recht entspannt mit gutem Media-Angebot, wir sind nachts in Flughafen Dabolim gelandet. Freunde hatten uns einen Fahrer organisiert, der bereits mit einem Schild in der Hand am Flughafen auf uns wartete. Das lief also schon mal …

Der Driver hatte auch gleich den Schlüssel für unser Miet-Haus dabei und setzte uns direkt vor der Tür in Patnem/Goa (Dreh- und Angelpunkt in Patnem ist der Patnem Chai Shop) ab. Was sich bereits auf der Fahrt abzeichnete setzte sich im Haus fort, es war schon ein mittlerer Kultur-Schock für mich. Ich hielt es also für das Beste, erst mal zu pennen. Das tat ich dann.

Nach gut einer Woche Goa und vielen Dingen, die organisiert werden mussten trat dann so etwas wie „Alltag“ ein, wenn man das so bezeichnen möchte. Unser Trinkwasser kaufen wir in 20l Flaschen von der Bude an der Ecke, frühstücken gehen wir in der Bude daneben (Patnem Chai Shop ^^), auch wenn wir uns da ohne den Tipp durch unsere Freunde sonst nie rein gewagt hätten. Abends gehen wir entweder in der Strand-Area was essen oder kochen inzwischen auf unserem Zwei-Flammen-Gas-Kocher selbst. Gas ist gut, denn der Strom fällt durchaus mehrfach am Tag für längere Zeit aus. Nachdem wir den Surf-Stick auf Powerbank-Betrieb umgestellt haben und mein Notebook ja ohnehin seinen Akku hat bekommen wir von den Stromausfällen recht wenig mit. Man kann sich arrangieren, etwas, dass man in Indien sehr schnell lernen muss.

Die Bevölkerung macht zwar einen sehr unorganisierten Eindruck, aber irgendwie inmitten allen Gewusels scheint es doch eine übergeordnete lenkende Intelligenz zu geben, denn letztlich funktioniert das Leben. Mehr oder weniger.

Life in Chaudi
Life in Chaudi

In der ersten Woche haben wir übrigens kurzerhand einen Yoga-Kurs in Ajay and Puja Sharma’s Gurukul Retreat (Gurukul Facebook Page) besucht, täglich um 8.30 waren 90min Yoga bei einem sehr guten Lehrer angesagt. Das fehlt mir nun ein wenig, vielleicht machen wir da bald weiter.

Am 12.12. haben wir mit dem Bus einen Abstecher in die Kreisstadt Margao gemacht, primär um Geld zu organisieren. Wegen der India Cash Crisis (India cash crisis, Bargeldkrise Indien) war es nämlich in den ersten Tagen nahezu unmöglich, an Bargeld zu gelangen. Die Geldautomaten in Chaudi (nächstgrößere Stadt bzw. eher Dorf von Patnem aus, mit einigen Banken und einem Supermarkt) hatten entweder kein Bargeld getankt oder waren mit langen Warteschlangen ausgestattet. Meistens beides. Wann bzw. ob überhaupt nachgefüllt wurde, konnte keiner sagen.

Wenn Chaudi „leicht wuselig“ war, müsste man Margao als „chaotisch“ bezeichnen, dabei war es „nur“ eine Kreisstadt. Bei 36º durch das pure Chaos spazieren und durch eine Markthalle deren Gänge schmaler als meine Schulterbreite sind war schon eine interessante Erfahrung. Für Augen, Ohren, Nase und auch haptisch :-D

Manchmal müsste man tausend Nasen haben … manchmal ist schon die eine zu viel.

Road to Chaudi | Foto: Rene Diesterhöft
Road to Chaudi | Foto: Rene Diesterhöft

Nachdem wir in Margao tatsächlich das erste Bargeld bekamen, entspannte sich die #cashscrisis aber auch in Chaudi langsam. Die ATMs spucken zwar noch immer nur 2000rs (ca. 27€) pro Abhebung aus, man kann jedoch mehrfach abheben und die Schlangen sind auch wesentlich kürzer geworden.

Beeindruckt haben in Goa auch die schon fast schwarmartig auftretenden Greifvögel. Außerdem sind Hunde, Kühe und Wasserbüffel selbstverständliche Wegbegleiter auf den Straßen hier. Im Haus sind eher Frösche und Geckos gern gesehene Gäste. Morgens gibt’s dann jeweils eine bunte Kakophonie aus Affen, Krähen, sonstigen Vögeln, Hundekampfeslärm und weiß der Geier (oder Greifvogel, Krähe …?) was sonst noch allem. Das obligatorische und fortwährende Hupen der indischen Verkehrsteilnehmer nicht zu vergessen.

Palolem Beach
Palolem Beach

Ansonsten das übliche halt … jeden Tag über 30º, Sonne ohne Ende, geniale Sandstrände mit nicht zu vielen Menschen und Sonnenuntergänge wie aus dem Bilderbuch. Was soll ich sagen …

Inzwischen (16.12.2016) haben wir uns – zunächst für eine Woche – Scooter gemietet. Dies bietet eine völlig neue Form der Freiheit. Ein Besuch des Supermarktes wird nicht zu einer 1/2 Tagesveranstaltung und man kann die nähere Umgebung erkunden oder mal kurzentschlossen zwei Dörfer weiter zum Strand oder in ein Restaurant fahren. Die Anmietung geschieht sagen wir mal „eher undeutsch“ … man macht bei der Frage nach der „driving license“ ein ehrliches Gesicht und nickt, dann gibt man seinen Perso (oder eine sonstige ID) zusammen mit der Kohle dem Vermieter, schüttelt sich die Hände und düst davon. Kein Papierchen, keine Unterschrift, kein Geplänkel. Die erste Fahrt direkt zur Tanke, denn die Dinger sind natürlich total leer :-D

proud with new scooter
proud with new scooter

Gestern haben wir daher gleich mal einen Abstecher in das Nachtleben Goas gewagt und sind in’s Leopard Valley gefahren, den hier wohl angesagtesten Nachtclub. Sie spielten einen wirklich guten Mix und auch wenn es war für Indische Verhältnisse zwar recht teuer war, hatten wir einen guten (längeren) Abend dort. Join Us for a full night of quality house/tech/techno music! Umts, umts, umts, umts, …

Das Land bleibt auch in der vierten Woche vielschichtig und mehrdimensional. Der Goa „Trip“ hat sich zu einer Goa „Tour“ entwickelt, wir erkunden auf den Scootern immer mehr Umland und gelangen dabei auch auf Seitenwege und in kleinste Ortschaften.

Was ich bisher noch nicht erwähnt hatte ist die alltägliche Müllverbrennung auf den Straßen. Schon direkt nach der Landung musste ich statt der erhofften Tropen-Luft erst mal den beißenden und stinkenden Qualm von verbranntem Müll ertragen und einatmen. Das wurde in Richtung ländlicher Gegend natürlich nicht besser sondern schlimmer. In Indien verbrennen die Menschen ihren Müll einfach im Garten oder am Straßenrand. Alles. Auch die vielen Plastikflaschen die im Umlauf sind. Pünktlich zum Aufstehen weht daher der köstliche Geruch verbrannter Müllmasse in’s Schlafzimmer, langsam gewöhnt man sich daran, was vielleicht das allerschlimmste ist. Dass es hier sehr heiss ist und die Vegetation sehr trocken dürfte bekannt sein. Zählt man trockene Pflanzen und offenes (oft auch unbedachtes) Feuer zusammen hat man … Bingo! … einen Steppenbrand, diesen sieht man hier fast täglich, wenn man auf den Straßen unterwegs ist. Oft ist mir unklar, ob es gewollte Brandrodung oder versehentlicher Steppenbrand war.

Müllverbrennung - Steppenbrand - Brandrodung?
Müllverbrennung – Steppenbrand – Brandrodung?

Da der Müll also verbrannt wird, im Meer landet oder auf die Straße gekippt wird, kann man sich gut vorstellen, wie es hier häufig aussieht. Noch ein passender Beitrag dazu. Das nachstehende Bild ist vom Hauptzugang zum Palolem Beach, einem der schönsten Strände von Süd-Goa.

Palolem Beach
Palolem Beach

Bzgl. der Plastikflaschen gibt es die sogenannten „Bottle-Women“, das sind umherwandernde Frauen, die alle Plastikflaschen einsammeln und auch bei den Haushalten nachfragen. Mir wurde gesagt, sie bringen die Flaschen zu Sammelstellen und bekommen dafür ein paar Rupies. Immerhin.

Cotigao Wildlife Sanctuary
Cotigao Wildlife Sanctuary

Zurück zur Scooter-Tour, einen Tag waren wir im Cotigao Wildlife Sanctuary, einen Wildpark den man mit Fahrzeugen befahren kann. „Befahren“ ist schon etwas geprahlt, die Wege sind zum Teil katastrophal und mit den kleinen Roller-Reifen ohne lange Federwege ein echtes Abenteuer. Ausgeschildert ist es im Park auch spärlich und überhaupt hat man eher den Eindruck, hier wurde eine noch nicht entwickelte Gegend zum „Naturpark“ erklärt und Eintritt verlangt, anstatt das Areal entwickeln zu müssen. Dieser Eindruck kann natürlich täuschen. Eine der Attraktionen – der sogenannte Tree Top Aussichtspunkt – war wegen Verfall auch gesperrt. Im Park leben offenbar Menschen „ganz normal“ in kleinen Ansiedlungen. In einem Dorf wurde uns mitgeteilt, dort leben nur zwei Menschen (oder Familien, das war nicht ganz klar).

Fort Cabo de Rama
Fort Cabo de Rama

Auf einer anderen Tour haben wir durch Zufall das Fort Cabo de Rama entdeckt und besichtigt, ein unerwartetes Vergnügen. Noch ein paar Worte zum Strassenverkehr … als jemand, der „mehrere Jahrzehnte“ Erfahrung hat mit Zweirädern die sich deutlich jenseits der 250 km/h bewegen lassen könnte man meinen, ein 100er Roller sei keine Herausforderung. Weit gefehlt, wenn man den Scooter bei 60 km/h durch die Berge bewegt und nicht ahnt, ob einem hinter der nächsten Kurve – auf der eigenen Fahrbahnseite – ein LKW, zwei PKW, drei Zweiräder, ein paar Rinder, eine Rotte Hunde, ein Schwein oder eine gar bunte Mischung aus allen vorgenannten erwartet, werden 60 km/h ganz schnell zum „Leben am Limit“. Und das ist kein Spruch … oder auch nur die Ausnahme, in den paar Tagen auf dem Highway haben wir bereits die tollsten Sachen gesehen. Auch durch eine Rauchwand vom Steppenbrand mussten wir schon durch … „Incredible India“ ist und bleibt der Slogan, der uns ein mal mehr durch den Kopf geht.

Chaudi / Chaudi Market

Chaudi, auch Canacona oder Chauri genannt, ist das Provinz-Zentrum der Gegend um Patnem, Palolem und Agonda (Canacona District). Es ist ca. 75km von Panadji/Panjim und 36km von Margao entfernt.  In Chaudi gibt es genau eine Haupstraße, nämlich den National Highway 17 (NH17) der sich mittig durch Chaudi zieht. Links und rechts davon tobt das Leben. Ein Besuch in Chaudi ist jedes Mal wieder ein Feuerwerk für die Sinne, insbesondere samstags am Marktag. Chaudi bietet Geldautomaten, Apotheker, Supermarkt, Mobilfunk-Shops, alle Arten von Lebensmitteln, Gewürzen und Bekleidung, Fischmarkt, einen festen Gemüsemarkt und noch so manch weiteren ungewöhnlichen Shop. Am Samstag wird es durch einen weiteren Markt mit noch mehr von allem (Bekleidung, Obst, Gemüse, Tinneff) ergänzt. Alles sehr bunt, wuselig und unterhaltsam. Daneben gibt es in Chaudi den großen Busbahnhof der Region und Süd-Goas größten Bahnhof der Indischen Eisenbahn (Canacona Railway Station).

Chaudi Market
Chaudi Market

Chapoli dam

Der Chapoli Staudamm liegt ca. 1km nordöstlich von Chaudi und versorgt einen Teil der Region Canacona Taluk mit Trinkwasser. Der Damm ist total idyllisch gelegen in einem Tal (logisch) umringt von malerischen Hügeln, es gibt dort fast nur Natur, keine Geschäfte, keine Häuser. Auch die Tiere dort sind sehr angstfrei, man merkt förmlich, dass sie sehr in Ruhe gelassen werden.

Direkt am Staudamm befindet sich übrigens auch das Animal Rescue Center (ARC), es wurde 2005 von (wohl vornehmlich westlichen) Freiwilligen gegründet und kümmert sich um die Not streunender Tiere in der Umgebung.

Patnem Beach

Patnem Beach ist wohl der beschaulichste der Strände hier in der Gegend. Man könnte ihn auch als unseren Hausstrand bezeichnen, denn unser Ferienhaus ist ebenfalls in Patnem, jedoch etwas vom Strand nach hinten versetzt, ca. 5 Fußminuten entfernt. Wie alle Strände ist auch Patnem Beach dicht gesäumt von sogenannten Beach Shacks, also gastronomischen Betrieben, die tagsüber Frühstück und Snacks anbieten und Abends eben richtige Menüs. Des weiteren hat jedes Shack eine reihe von Sonnenliegen (Sun Beds) auf denen man es sich tagsüber bequem machen kann. Ein Schirm und ein (nicht mehr ganz taufrisches) Handtuch wird ebenfalls bereitgestellt. Die Liegen können vom Prinzip kostenfei genutzt werden, die Shacks spekulieren wohl (mit Recht) auf etwas Getränkeumsatz durch die Nutzer. Man muss aber auch sagen, dass man nicht bedrängt wird, das hat sich sehr angenehm angefühlt.

Palolem Beach

Palolem Beach ist wohl der wuseligste von den Stränden hier. Positiv formuliert könnte man sagen, hier ist immer was los. Wenn man also Bock auf Aktion und „bunte Menschen“ hat, ist man hier richtig. Am nördlichen Ende findet sich das Cozy Nook, unser bevorzugter Beach Shack von Palolem, denn dort ist es wieder deutlich ruhiger als in der Mitte, wo auch die sogenannte „Hazzle Road“ auf den Strand trifft.

Agonda Beach

Eigentlich der schönste Strand, sehr weitläufig, absolut nicht überlaufen mit einer ordentlichen „Hazzle Road“ mit vielen bunten Geschäften und Restaurants. Hier laufen auch oft Herden von Kühen oder mal ein Pferd (mit Reiter) vorbei.

Alle Strände bieten bei den Shacks auch Übernachtungsmöglichkeiten unterschiedlicher Qualitäten, sogenannte Beach Huts. Man hat dort alle Vor- und Nachteile der Strandnähe, aber für kürzere Zeit (1-2 Wochen) ist das sicherlich eine akzeptable Möglichkeit.

Kingfisher Bier

Kingfisher Bier ist die meistgekaufte Biermarke Indiens.

Stromversorgung und „Power Cut“

Hmm, das ist hier nun zwar ein eigener Punkt, aber eigentlich gibt es dazu nicht viel zu sagen. Hier in Goa – und wohl auch in ganz Indien – sind Power Cuts, also Stromausfälle an der Tagesordnung. Durchaus mehrfach am Tag fällt der Strom aus, mitunter auch mal längere Zeit im Stundenbereich, meist jedoch eher so 10-20 Minuten. Es gibt mehre Gründe dafür, zum einen sind die Zustände der elektrischen Verteilung desolat zum anderen verbraucht das Land aber zu Spitzen mehr Strom als es erzeugt. In diesem Fall werden an den Schaltstellen „unwichtige“ Verbraucher – also normale Städte und Dörfer – vom Netzt getrennt, um wichtigere Bereiche (Armee, Krankenhäuser, …) zu versorgen und Überlastungen der Verteiler-Stationen zu verhindern.

Stromverteiler in Patnem
Stromverteiler in Patnem

Old Goa / Velha Goa

Hier weiß ich gerade nicht so genau, was ich schreiben soll. Wir waren da. Es war … interessant. Ich machte ein paar Fotos.

Netravali Bubbling Lake (Budbud Tali)

Ein Scooter-Ausflug brachte uns über atemberaubende kleine Bergstraßen zum sogenannten „Bubbling Lake„.  Dieser heisst so, weil Blasen aus dem Teich aufsteigen, sobald man etwas lauter in die Hände klatscht oder sonstige Geräusche macht. Das klappt wirklich. Zum See gehört ein kleiner Tempel (oder anders herum?), der See wird von den Locals auch Budbudi Tal oder Budbudi Tali genannt. Der „See“ wurde wohl so vor 300-400 Jahren angelegt und wird von unterirdischen Frischwasserquellen gespeist.

Bubbling Lake
Bubbling Lake

Track Safety Men (TSM)

Bei einem der Ausflüge zur Talpona River Eisenbahnbrücke ist uns auf den Gleisen ein sogenannter „Track Safety Man“ – nämlich der mit der Nummer 77 – begegnet. Ein sehr sympathischer Mensch mit dem wir sofort in’s Gespräch kamen. Er erzählte uns von seinem harten und gefährlichen Job, täglich läuft er ca. 11km die Gleise ab, um diese zu überprüfen. Dabei schleppt er einen Hammer und einen Schraubenschlüssel – beide massiv und schwer – sowie weitere Materialen mit einem Gewicht von ca. 15kg herum. Eine spätere Recherche ergab, dass es ca. 200.000 TSM gibt und jährlich ca. 300 von ihnen (ca. 1,5%) in Ausübung ihres Jobs um’s Leben kommen :-(

Track Safety Man (TSM)
Track Safety Man (TSM)