Blumen und Katzen als Motive?

Blumen an sich sind von Hause aus bereits wunderschöne und eigentlich perfekte Motive.

Wenn man also eine Blume fotografiert und das Bild dann noch irgendwie besonders sein soll, wenn es herausstechen soll und mehr als nur ein „Ahh, eine Blume“ beim Betrachter hervorbringen soll, dann muss man sich schon echt mächtig in’s Zeug legen.

Die Blume muss nicht nur perfekt sein, sondern perfekter als perfekt, denn eine schon von Natur aus wunderschöne Blume, die eben nicht ganz perfekte Blätter hat, oder schon leicht angewelkt ist oder auch nur irgendwie einen minimalen Mangel hat, oder bei welcher der Hintergrund ablenkt oder verwirrt oder irritiert, erreicht dann noch nicht mal mehr ein „Ahh, eine Blume„, sondern ein „Ach, ’ne Blume, aber an der einen Ecke sieht das eine Blatt seltsam aus und der Hintergrund ist auch irgendwie komisch„.

Und selbst, wenn die Blume perfekt ist und man sie perfekt abbildet, wer ist davon beeindruckt? Wird sich jemand hinstellen und sagen: „Wow! Der Fotograf hat es tatsächlich geschafft, eine tolle Blume zu finden und sie zu fotografieren, das ist ja unfassbar!“.

Nein, denn Blumen sind nun mal wunderschön, das sehen wir jeden Tag. Und ich meine, hey, wer es nicht schafft, von einer perfekten Blume ein halbwegs anständiges Bild zu machen, hat ohnehin ganz andere Probleme … :P

Scott Kelby (Fotobuchautor, Fotograf, Fotografie-Dozent) zählt Blumen sogar zu einem von fünf Motiven, die man *niemals* in seinem Portfolio haben sollte (The Five Images You Should NEVER Have In Your Portfolio).

Hier wäre dann die vollständige Liste.

  1. Katzen (Katzen sind klasse für Facebook)
  2. Obdachlose Menschen
  3. Tote (laublose) Bäume oder Baumstümpfe
  4. Irgendwas oder irgendwen auf Schienen/Bahngleisen.
  5. Blumen

Und nicht falsch verstehen, es bedeutet nicht, dass man diese Motive niemals aufnehmen sollte. Man sollte sie nur nicht benutzen, um sein eigenes fotografisches Können zu präsentieren, seine „Besten Arbeiten“ im Portfolio oder in Gruppen oder auf Plattformen, wo andere Fotografen sich das anschauen. Die Motive sind gut für die Facebook-Chronik und Flickr. Oder für Freunde und Verwandte :D

Ein weiterer Aspekt, warum man die genannten Dinge nicht im Portfolio haben sollte, ist die Tatsache, dass diese wohl die am meisten fotografierten Motive überhaupt sind.

Jeder Anfänger fotografiert seine Katze oder die Blume auf der Fensterbank oder den ach so tollen „toten Baum“ im Park an der Ecke. Wenn man also nicht die mega-granatenstarke-noch-nie-da-gewesene Aufnahme von einem der fünf genannten Motive zustande bringt (und wer schafft das schon, schaut einfach mal vorher auf 500px), dann sagt das lediglich aus:

„Ich bin ein Anfänger und habe mir das leichteste und naheliegendste Motiv ausgesucht, was mir auf die schnelle vor die Linse kam.“

Wenn man genau das erreichen möchte … ist es ok.

Update 02.06.2014: Wow, so schnell eine Reaktion in Form eines – man könnte sagen – Gegen-Beitrages. Offensichtlich bin ich da dem Axel ordentlich auf den Schlips getreten und habe ihn zu einer komplexen und – wie ich finde – ziemlich ordentlichen Gegendarstellung motiviert.  Ich fühle mich geehrt. Zieht’s euch rein und denkt selbst, ist ‚eh immer das Beste:

http://ersichtliches.de/2014/05/31/lasst-blumen-sprechen-ein-plaedoyer/

P.S.: Ja, ich habe inhaltlich einiges von Scott Kelbys Ausführungen übernommen, deswegen weise ich ja auf ihn hin. Und schreibe dieses P.S.  ^^